Der arme Schweizer

  • Der arme Schweizer,
    ein Drama aus einem weltfremden Land in der Mitte Europas.

    Mittlerweile dürfte auch nicht-Schweizern bekannt sein, dass die Eidgenossen am Sonntag dem 29.11.2009 über eine von der Schweizer Volkspartei (SVP) unterstützte Volksinitiative abgestimmt haben. Für die die davon noch nichts wussten hier eine kurze Zusammenfassung:
    Irgend ein Kleinbürger regt sich darüber auf, dass seine Aussicht von einem Minarett verbaut werden soll. Also mietet er für viel Geld einen Advokaten der ihm folgenden Einzeiler abliefert:

    Zitat

    Art 72 Abs. 3 (neu)
    Der Bau von Minaretten ist verboten


    Nun gut, bewaffnet mit diesem Schriftstück fängt unser Kleinbürger also fleissig an, Unterschriften zu sammeln. Zu dieser Zeit sieht noch keiner einen Grund diese Initiative besonders ernst zu nehmen. Aber siehe da, wider allen Erwartungen finden sich genug Leute die ihre Intoleranz durch eine Unterschrift festigen wollen.
    Die Initiative kommt also vor die Bundesversammlung, wird dort begutachtet und für valide befunden. Gegenvorschlag gibt es keinen, nur die Empfehlung an Volk und Stände, die Initiative abzulehnen.
    Die UN warnt, dass die vorgeschlagene Verfassungsänderung gegen die Religionsfreiheit verstossen könnte.
    Auch weiterhin sehen die Liberalen und Linken keine ernst zu nehmende Gefahr, einzig das Plakat der SVP schlägt ein wie eine Bombe, die ganze Weltpresse macht Gratiswerbung für die Volkspartei und die fragwürdige Initiative.

    Am letzten Novemberwochenende ist es dann soweit, das Volk geht an die Urne. Schon am Sonntagmorgen zeichnet sich ab, dass die Chancen für ein Ja gut stehen. Sonntagnachmittag dann der Moment der Wahrheit: Das Schweizer Volk nimmt die Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» - in manchen Kantonen mit überwiegender Mehrheit - an.

    Die Folgen tragen alle. Auch in den 4 Kantonen, die die Initiative abgelehnt haben. Wie kann man sich als neutrales oder liberales Land verkaufen und dann so einen Mumpitz in die Bundesverfassung aufnehmen? JEDE STUNDE bimmeln in JEDER STADT mehrere Kirchtürme und verkünden die Zeit. Sollten wir jetzt nicht auch alle Kirchenglocken stilllegen und den Bau weiterer Kirchtürme verbieten? Oder hat man sich schlicht gedacht, "he, die Schweiz hat ihren Ruf in den letzten 2 Jahren noch zu wenig ruiniert, lass uns das noch etwas weiter auf die Spitze treiben" (*hust*steueroaseanyone?*hust*)

    Ach, und ganz nebenbei: Am gleichen Wochenende wurde über eine weitere Volksinitiative abgestimmt, die ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten vorhersah. Diese wurde in JEDEM Kanton abgelehnt, mit einer durchschnittlichen Zustimmung von knapp 30%

    FAZIT: Bisher habe ich mich eigentlich ganz wohl gefühlt als Schweizer. Nach diesem Sonntag macht man sich jedoch ernsthafte Gedanken, nach Kanada auszuwandern

  • Hey ich komm mit nach Kanada, alles klar? :D

    Mir reichts schon langsam, hab jetzt seit gestern schon so viel drüber diskutiert, dass ich einfach keine Lust hab hier nochmal alles aufzulisten.

    Meine Meinung ist ganz einfach formuliert:
    Ich schäme mich neuerdings ein Schweizer zu sein, das Resultat ist sehr rassistisch und diskriminierend.
    Jetzt ziehen einfach immer mehr Länder auch nach und machen ebenfalls solche Initiativen.
    Die Islamisten tun mir langsam leid, denn sie können doch gar nichts dafür.

    Wir bauen schliesslich auch überall unsere Kirchen, also wo liegt das Problem an Minaretten?
    In Winterthur, wo eins steht, stört es keinen Anwohner, laut einer Umfrage von Radio TOP (http://www.toponline.ch).
    Aber die SVP hats mal wieder geschafft die Schäfchen (wir Schweizer) aufzuscheuchen und Angst zu machen.

    Zur Kriegsmaterial-Exporte-Initiative sag ich auch nicht mehr viel.
    So werden also Millionen von Zivilisten weiterhin mit Schweizer Qualitäts-Waffen niedergemetzelt.
    Schweizer Waffen sind der Grund vieler Morde und Todesfälle.
    Ich finde das unbegreiflich, aber auch da hat die SVP wieder mal die Finger im Spiel und macht Panik im Volk mit der Meinung, dass die ach so wertvollen Arbeitsplätze verloren gingen.

    Ich hasse diese Idiotie nur einer Partei hinterherzurennen, ohne sich eine eigene Meinung zu bilden.
    Minarette beissen nicht und Exportverbote sind nur zum Guten von MILLIONEN von Menschenleben.

    Aber leider ist die Politik hoffnungslos verloren, solange die SVP noch an der Macht ist.
    Da nützen meine Links-Stimmen auch nicht viel, was mich aber nicht davon abhält, ab nächstem Jahr kräftig und überall abzustimmen.

    Mein Fazit:
    Wer macht mit mir ne WG in Kanada oder Neuseeland? :D
    Oder gar in Deutschland? ;)

  • Ich glaube, das Problem ist nicht einfach, dass der Antrag angenommen wurde. Man sollte sich auch vor Augen halten, dass das eine mehr oder weniger unweigerliche Folge der großteils selbstverschuldeten Ausgrenzung muslimischer Gruppen aus der übrigen Gesellschaft ist. Wenn nicht diese Gruppen so sehr als Staat im Staate auftreten würden, hätten wohl auch weniger ein Problem damit, Minarette bzw. Moscheen in der Öffentlicheit zu sehen.

    Die Lösung kann ja trotzdem nicht darin bestehen, den Minarettbau grundsätzlich zu verbieten. Letztlich ist es auch eine Frage, wie die islamischen Gesellschaften effizient in die Gesellschaft assimiliert werden können. Es ist ja doch ein Faktum, dass sich ein Großteil immer noch effizient weigert, die eigene Kultur im Staate aufgehen zu lassen. Wenn Moslems als integrierte Staatsbürger (das bezieht sich auch auf Länder außerhalb der Schweiz) auftreten würden (also auch hinsichtlich Sprache (natürlich), z.B. Kleidung und Benehmen) wäre es wohl kein größeres Problem, den Bau von religiösen Einrichtungen zu gestatten. Das Ziel sollte immer sein, solch eine Harmonie zu ermöglichen. Aber ein bloßes, naives Nebeneinander ist schlechterdings einfach nicht denkbar. Es kann nicht einen zweigeteilten Staat geben (das wäre die Folge der weiteren Ab- und Ausgrenzung), der auf Dauer kulturell überlebensfähig wäre.

    Um auf die Kirchen zu kommen : Das Christentum in seiner pietistischen bzw. lutherisch-orthodoxen oder katholischen Form ist in Europa über nahezu 1500 Jahre gewachsen und entsprechend der Sitten germanischer, slawischer und romanischer Völker an die eigene Kultur angepasst worden und mit ihr mitgewachsen. Der Islam tat dies nicht. Es ist nur logisch, dass er als Fremdkörper in einer christlich geprägten Gesellschaft erscheint. Natürlich heißt das nicht, dass wir nicht auch für ihn offen sein sollten. Aber es bleibt dabei die Frage, inwieweit diese Toleranz gehen darf/soll. Wenn wir wirklich unsere Kultur erhalten wollen (was der Islam auch versucht), dann müssen wir den Islam auf Dauer integrieren, aber nicht blindlings abstoßen oder naiverweise als gleichberechtigten Staat im Staate betrachten. Das birgt nur Konfliktpotenzial. Man sollte auch eine umfassende Dialogbereitschaft erwarten können. Und zwar nicht von einzelnen Personen, sondern von der Gruppe an sich. Der Islam darf sich nicht abschotten. Entwerder er wird integriert oder abgestoßen - und das hat nichts mit Rassismus oder Intoleranz zu schaffen.

    MfG

  • lukasn
    Naja, ein Image von liberaler Niedrig-Steuer-Politik und Bankgeheimnis hat denke ich wenig mit dieser Volksabstimmung zu tun. Ich würde keineswegs das Minarettverbot als Fortsetzung der Bankgeheimnisses sehen. Ich nehme stark an, dass die Befürworter vom einen ganz andere sind als die vom anderen (mit großen Schnittmengen natürlich, also eher zufällig/orthogonal). Man kann es höchstens als Machtkampf ansehen, nachdem man mit dem Bankgeheimnis verloren hat (so die Frankfurter Rundschau), dazu weiß ich jedoch zu wenig über die Politik in der Schweiz.

    @Thonixx
    Pass mit dem Wort Islamisten auf, Islamisten müssen einem nicht leid tuen.
    Das mit den Waffen ist dann typisch C-Partei: Kein Idealismus, dafür das ein oder andere Horror-Gesetz.

    Alienx
    Du verallgemeinerst mal wieder zu stark. Der Islam schottet sich nicht ab. Menschen schotten sich ab, und zwar Mitteleuropäer und Muslime. Minarettbau ist irrelevant, denn es muss sowieso im Einzelfall entschieden werden, ob es eine Baugenehmigung gibt, und ein Türmchen ist auch ansonsten einfach nur irrelevant. Ein Minarettverbot dagegen steht der Religionsfreiheit entgegen, soetwas kann einfach nicht sein. Integration hin oder her. Auch von einer Ignoranz westlicher Kultur kann überhaupt keine Rede sein, denn zum ersten gibt es viele Kompatiblitäten, zum zweiten akzeptieren die meisten Muslime auch unsere Grundwerte und zum dritten sollte man nicht vergessen, an wen man in der Türkei glaubt: An Gott und Attatürk. Damit ergibt sich schon eine breite kompatible Masse unter den Muslimen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass sehr viele in sozial problematischen Lagen befindliche Muslime im Grunde genommen auch unsere Grundwerte teilen und Hass und Abgrenzung durch sozialen Druck von Muslimen und Westeuropäern entsteht.


    Übrigens sehe ich die Geschehnisse in der Schweiz nicht als Argument gegen Plebiszite. Es sollte allerdings in einem Rechtsstaat klar sein, dass keine Volksabstimmung über verfassungswidrige Punkte stattfinden darf. So etwas hätte ein (Verfassungs-)Gericht abwenden müssen, aber das haben die Schweizer ja nicht...

  • Der Islam schottet sich nicht ab.

    Das liegt im Wesen des Islam, ein Erbe der jüdischen Kultur (vergleichbares im Christentum).

    Menschen schotten sich ab, und zwar Mitteleuropäer und Muslime.

    Stimmt, aber der Islam tendiert in eine extremere Richtung. Generell hast du recht : Leider werden viele Muslime auch einfach abgeschottet.

    Ein Minarettverbot dagegen steht der Religionsfreiheit entgegen, soetwas kann einfach nicht sein. Integration hin oder her. Auch von einer Ignoranz westlicher Kultur kann überhaupt keine Rede sein, denn zum ersten gibt es viele Kompatiblitäten, zum zweiten akzeptieren die meisten Muslime auch unsere Grundwerte und zum dritten sollte man nicht vergessen, an wen man in der Türkei glaubt: An Gott und Attatürk. Damit ergibt sich schon eine breite kompatible Masse unter den Muslimen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass sehr viele in sozial problematischen Lagen befindliche Muslime im Grunde genommen auch unsere Grundwerte teilen und Hass und Abgrenzung durch sozialen Druck von Muslimen und Westeuropäern entsteht.

    Da kann ich im Kern (fast) wortlos zustimmen. Meine auch nicht, gegenteiliges behauptet zu haben. Bin auch für Integration und am Ende hoffentlich Assimilation (aber nicht Assimilation des Islam durch unsere Kultur). Ansonsten meine ich auch, dass dieser Exklusivitätsgedanke nicht allen zu eigen ist. Aber man muss sein Augenmerkt immer auf das Wesen der Sache bzw. die große Masse richten und dann erst auf die Ausnahmen. Dennoch sind diese Ausnahmen natürlich zahlreich. Toleranz kann wohl von allen Seiten gefordert werden, ob Europäer oder Muslim.

    MfG

  • Hi, Ich bin auch schweizer und ich finde Leute die sich in der Schweiz aufhalten möchten sollen sich auch einbischen an die Schweizer gegebenheiten anpassen. Das mit den Minaretten: Der Hauptzweck eines minaretts ist ja damit man die Gebete über die ganze Stadt singen kann. Jedoch kann man das eh nicht da es Ruhe störung ist. Somit haben die minarette ihren Zweck verloren. Ausserdem sind die zwei die in der Schweiz schon stehen nicht gerade schön nur einfach Beton klöze. Ausserdem können wir auch nicht einfach in den Irak und dort eine Kriche aufstellen, die würden etwa das selbe machen.

    Ich finde das Verbot sinvoll, somit setzt man auch gewisse Grenzen. Es hat nichts mit Rassismuss oder Religionsfreiheit zu tun. Sie können ihre Gebeträume immer noch bauen nur halt die Minarette nicht. Die sie eh nicht wirklich gebrauchen können

  • Zur Kriegsmaterial-Exporte-Initiative sag ich auch nicht mehr viel.
    So werden also Millionen von Zivilisten weiterhin mit Schweizer Qualitäts-Waffen niedergemetzelt.
    Schweizer Waffen sind der Grund vieler Morde und Todesfälle.
    Ich finde das unbegreiflich, aber auch da hat die SVP wieder mal die Finger im Spiel und macht Panik im Volk mit der Meinung, dass die ach so wertvollen Arbeitsplätze verloren gingen.

    Ich hasse diese Idiotie nur einer Partei hinterherzurennen, ohne sich eine eigene Meinung zu bilden.
    Minarette beissen nicht und Exportverbote sind nur zum Guten von MILLIONEN von Menschenleben.

    Und was ist mit den Angestellten der Pilatus Werke? Schlisslich sind die PC-21 genaugenommen auch Kampfflugzeuge!

  • @minder:
    Informier dich nochmal, wir haben 4 Minarette ;)
    Und mich stören sie nicht, auch wenn ich daneben wohnen würde.

    Ein Muezzin schreit zurzeit ja nicht und wird wahrscheinlich auch nicht, da dies durch unsere vorherigen Gesetze verboten würde.
    Aber für mich ist das Thema abgehakt, das kann man als Privatperson nicht mehr ändern.

  • @minder
    Ob das Teil zu hässlich ist, muss bei der Baugenehmigung entschieden werden. Grundsätzlich kann man so etwas doch nicht verbieten. Das verstößt nun einmal gegen Religionsfreiheit und das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit.
    Wir freuen uns aber über die schöne christliche Kultur in der Schweiz:
    [Blockierte Grafik: http://www.you-are-here.com/kirche/thomaskirche.jpg]

    Elvis
    Ich halte Alienx' generalisierende Bewertungen für absolut unhaltbar. Aber man entkräftet das nicht mit generalisierendem Anti-Amerikanismus. Gibt es in Afghanistan Öl? Ist das mit dem Irak zusammen "überall auf der Welt"? Man muss das auch grundlegend von den früheren Kriegen, bei denen man das innenpolitische Fortkommen in anderen Ländern aus Angst vor dem Kommunismus verhindert hat. (Vietnam, Honduras) In Afghanistan und im Irak war anders kein Fortkommen möglich. Die Kriegs- und Aufbaudurchführung steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt.

  • @minder
    Ob das Teil zu hässlich ist, muss bei der Baugenehmigung entschieden werden. Grundsätzlich kann man so etwas doch nicht verbieten. Das verstößt nun einmal gegen Religionsfreiheit und das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit.
    Wir freuen uns aber über die schöne christliche Kultur in der Schweiz:
    [Blockierte Grafik: http://www.you-are-here.com/kirche/thomaskirche.jpg]

    Elvis
    Ich halte Alienx' generalisierende Bewertungen für absolut unhaltbar. Aber man entkräftet das nicht mit generalisierendem Anti-Amerikanismus. Gibt es in Afghanistan Öl? Ist das mit dem Irak zusammen "überall auf der Welt"? Man muss das auch grundlegend von den früheren Kriegen, bei denen man das innenpolitische Fortkommen in anderen Ländern aus Angst vor dem Kommunismus verhindert hat. (Vietnam, Honduras) In Afghanistan und im Irak war anders kein Fortkommen möglich. Die Kriegs- und Aufbaudurchführung steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt.

    Bist du sicher das das eije christoiche und nicht eine reforkierte Kirche ist?

    das Verbot schränkt nicht die Religionsfreiheit ein, da sie ja ihre ūberzeugungen weiterhij ausleben könne

  • Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Schweizer haben so entschieden und gut ist. Wie schon erwähnt, die Religionsfreiheit ist dadurch nicht beschnitten worden. Mich würde es ehrlich gesagt nicht wundern, wenn es in Deutschland so eine Volksabstimmung (die wir leider im Allgemeinen nicht haben) geben würde und dabei das gleiche Ergebnis bei rauskommen würde.

  • Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Schweizer haben so entschieden und gut ist. Wie schon erwähnt, die Religionsfreiheit ist dadurch nicht beschnitten worden. Mich würde es ehrlich gesagt nicht wundern, wenn es in Deutschland so eine Volksabstimmung (die wir leider im Allgemeinen nicht haben) geben würde und dabei das gleiche Ergebnis bei rauskommen würde.

    Seh ich absolut genau so.

  • Für mich gehört es zur freien Ausübung einer Religion, auch ein öffentlich sichtbares Zeichen dafür errichten zu können. Ein Minarett ist nichts anderes als ein Kirchturm, es dient der Verkündung. Dieses Recht GRUNDSÄTZLICH und in der VERFASSUNG auszuschließen ist für mich absolut religionsfeindlich!

    Ich weiß nicht, wer oder was ich bin. Ich weiß nur, dass ich tue, was ich tun muß, nicht mehr und nicht weniger.

    Zitat aus "Gildenhaus Thendara", Dritter Teil, Ende 3. Kapitel

  • Elvis
    Ich halte Alienx' generalisierende Bewertungen für absolut unhaltbar. Aber man entkräftet das nicht mit generalisierendem Anti-Amerikanismus.


    Hier muss man zwei Punkte beachten. Der erste Punkt ist, dass die Vereinigten Staaten an vielen Kriegen in der Entstehungsgeschichte mit aktiv beteiligt waren. Das hat nichts mit Anti-Amerikanismus zu tun, sondern mit realer Betrachtung der Geschichte. Als zweiter Punkt ist die falsche Wortwahl zu kritisieren. Ich wollte die die Aussage von AlienX nicht entkräften, sondern einen Spiegel davor stellen. Ich hätte auch "alle Deutschen sind Nazis" hinschreiben können.

    Gibt es in Afghanistan Öl? Ist das mit dem Irak zusammen "überall auf der Welt"?


    Die Vereinigten Staaten haben aber schon durchaus Kriege wegen Öl, gegen Länder ohne Ölvorkommen, geführt.

    Man muss das auch grundlegend von den früheren Kriegen, bei denen man das innenpolitische Fortkommen in anderen Ländern aus Angst vor dem Kommunismus verhindert hat. (Vietnam, Honduras) In Afghanistan und im Irak war anders kein Fortkommen möglich.


    Und genau in diesem Punkt sind die Vereinigten Staaten auch deutlich zu kritisieren. Leider gab es in der Vergangenheit genügend amerikanische Regierungen die mehr Gott, als Weltpolizei spielen wollten. Letztendlich maßt sich Amerika noch heute an, dass der Rest der Welt nach den amerikanischen
    Wertevorstellungen zu leben hat. Dass sich da eine ganze Region in die Ecke gedrängt fühlt, bei den Maßnahmen die Amerika ergreift ist da nicht verwunderlich. Aber Gott sei Dank hat das amerikanische Volk immer noch rechtzeitig vorher einen Politikwechsel vollzogen, bevor die betroffenen Präsidenten dem Weltbeherrschungswahn komplett verfallen sind.


    Aber nicht nur Amerika ist ein christliches Land und nicht nur die Geschichte der letzten 100 Jahre ist blutig. Im Namen von Jesus wurden blutige Kriege geführt und die Missionierung in Afrika war glaube ich auch kein Streichelzoo.

    Es gibt also genug geschichtliche Beweise, dass das Christentum eine Vereinigung blutrünstiger Fanatiker ist. Wenn man aber hingegen einige verwirrte Fanatiker der aktuellen Epoche für den Beweis des bösen Islamismus hält, dann ist Hopfen und Malz verloren.

  • Hio Elvis,

    recht hast du mit den Amerikanern. Nur überleg dir, dass der amerikanische Protestantismus wenig mit den verschiedenen "eruopäischen" (schließt orthodoxe Kirchen mit ein), christlichen Strömungen gemein hat. Einem armenischen oder koptischen Christen steht wohl der norddeutsche Pietismus und diesem dagegen der römische Katholizismus und natürlich das Sektenwesen der USA sehr fern, obwohl sie sich alle als Christen bezeichnen.

    Man sollte bei den Amerikanern ohnehin nicht mehr von der augenscheinlichen Religiosität auf ihre Handlungen schließen. Was Amerika hat ist Sektentum und jede Art von reformierter Freikirche mit jeder Art von Glauben. Dass der Irakkrieg ein Wirtschaftskrieg ist und kein Religionskrieg, sollte bekannt sein.

    Ich meinte, dass der Islam seinem Grundwesen nach in eine sehr viel extremere Haltung tendiert, als der christliche Glaube, dessen Kern wohl derzeit lutherischer Pietismus und im Glaubenskern Katholizismus und griechisch-russische Orthodoxie am nächsten stehen. Das Christentum hat zwar auch seinen Missionsauftrag und Exklusivitätsanspruch. Aber er ist mehr eine Religion der Mönche und Eremiten (überspitzt ausgedrückt). Das hat nichts damit zu tun, dass der Glaube so oft zweifehalft instrumentalisiert wurde. Ich beziehe mich auf das Christentum an sich. Der Islam dagegen teilt dessen Grundgedanken, aber im Gegensatz zum Christentum haben Muslime den Auftrag zur extensiven, wenn nötig gewalttäigen Verbreitung ihres Glaubens. Es gibt ähnliches in der Bibel, aber grundsätzlich ist dieser Gedanke dem Christentum eher fremd, es geht dabei mehr um geistige Überzeugunsarbeit. Nichts desto trotz, die christliche Geschichte ist voll von blutigen Kriegen und manchen Ungerechtigkeiten. Man differenziere hier Ideologie und deren konkreten Ausdruck.

    Nun zum Vergleich Amerika und Islam : Beide führen ihren Krieg, die einen aber um Wirtschaft, die anderen um den Glauben. Amerika führt ihn nicht aus religiösen Gründen, denn Religiosität ist in Amerika nur ein Oberflächenphänomen und keine Lebenshaltung. Du willst wohl nun darau hinaus, ich solle da nicht generalisieren - aber man muss auch neben den Ausnahmen und Einzelfällen die allgemeineren Beweggründe erfassen. Natürlich trifft obiges nicht auf alle Amerikaner zu oder auf jeden Moslem. Aber dem Kern dieser beiden Kulturen nach sollte man auch diesen erfassen und nicht zu sehr differenzieren, sonst verliert man das Bild für den Komplex. Ich habe nie behauptet, alle Moslems führten Glaubenskriege, genausowenig, wie alle Buddhisten meditieren oder jeder Amerikaner nach dem Öl der kaspischen See giert. Aber es sind die Massen und vor allem deren Ideologien auf die man sich beziehen muss, nicht auf Ausnahmen.

    Überdies : Man sollte bedenken, wohin dieser ewig-umfassende Pluralitätsliberalismus führt : Es wird immer Kulturen geben, die neben dem ganzen System der Religionen einen Absolutivitätsanspruch erheben werden und der Islam gehört dazu. Kein Buddhist erhebt aufgrund seiner Religion politische oder weltliche Ansprüche, Moslems tun das, Christen in beschränktem Maß (besonders die Großkirchen) und Juden würden es wohl ihrer Religion nach, wenn sie nicht zurzeit so wenige an der Zahl wären. Gleiches gilt für viele andere Weltanschauungen. Ich denke nicht, dass sich das Verbot gegen den Islam richtet, sondern gegen dessen politischen Anspruch.

    MfG

  • @minder
    "Reformierte" sind zufällig Teil der evangelischen Kirche, die man zu den Christen zählt. Denk doch mal ein wenig nach. Es gibt genug hässliche Kirchen, da stören ein paar Minarette nicht. Und was schon einmal gar nicht von Belang ist, ist, ob eine hässliche Kirche nun reformiert oder katholisch ist.

    Elvis
    Das streite ich ja gar nicht alles ab mit sinnlosem Krieg der USA, Kolonisationskriegen christlicher Seite etc., man darf da nur nicht auf alles generalisieren. Grundsätzlich halte ich einen Afghanistan-Einsatz z.B. für sinnvoll, allerdings nicht in seiner derzeitigen Form. Wie gesagt: Anders steht es dann beim ein oder anderen Krieg um Öl oder Kriegen, die einfach sinnlos Kommunismus abhalten wollen, wie in Vietnam oder Honduras.

    Alienx
    Du beschwörst mal wieder irgendwelche imaginären "Grundwesen" herauf. Ich kennen keinen Muslim, der mich oder andere bekehren wollte. Die gewaltsame Verbreitung des Glaubens ist auch 99,9% (nein, haltet euch nicht an dieser Zahl auf!) der Muslime absolut fremd. Das entspricht nicht irgendwelchen Massen, Ausnahmen sind Gewalttätigkeiten. Menschen sind nun einmal im Grunde nicht auf Krieg aus, lediglich einige Minderheiten erscheinen besonders auffällig, sonst würde die Welt nicht funktionieren. 1 Milliarde Muslime stehen vllt. 5000 Al Qaida Mitglieder entgegen. Es geht mir um die Größenordnung, dass es noch mehr Fundamentalisten gibt, weiß ich.
    Was du zu den Christen schreibst: Bla, bla, bla, orthodoxe, bla, Armenier, bla, evangelikale, bla, bla, weniger extrem, bla, katholisch, Kern der Idelogie, bla bla und dabei nur am Geld interessiert. Das ist doch leeres Geschwätz und ziemlicher Unsinn!


    Es geht nicht um "Muslime an sich", "Christen an sich" oder "Juden an sich", es geht um die realen Personen und Gruppierungen. Das Beharren auf solchen Kategorien ist absolut realitätsfern. Ein normaler Muslim stimmt ebenso wenig Osama Binladen zu, wie dieser vielleicht Mustafa Kemal Attatürk zustimmt. Wir können nicht mit willkürlich ausgewählten Kernen willkürlich ausgewählter Unterscheidungsmerkmale (in diesem Fall Weltreligionen) hantieren: Es geht um die realen Einstellungen der Menschen.
    Wenn eine Gruppe gegen Menschenrechte verstößt, ist es nur gut, wenn dagegen vorgegangen wird. Menschenrechtsverletzungen kannst du doch nicht durch kulturelle Gewalt rechtfertigen. (Elvis nennt das dann ein "anderes Wertesystem") Und du kannst die Ablehnung der Taliban-Herrschaft durch die meisten Afghanen auch nicht mit dem Nicht-Vorhandensein demokratischer Kultur in dieser Region legitimieren.

    Zum Kernthema:
    Ich habe ein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit! Ich kann mir irgendeine Wohnung kaufen und irgendwelche GNU-Fahnen aufhängen oder den Balkon grün streichen. Und ich kann dadrin zu jedem beten, zu dem ich beten will. Und jetzt will mir jemand erzählen, dass es legitim ist, wenn eine verkrampfte Mehrheit Muslimen verbieten will, zu zeigen, was sie glauben und dabei kulturelle Symbole zu verwenden? Das hat nicht eine schweizerische Mehrheit zu entscheiden, das geht einfach überhaupt nicht. NSDAP und DNVP hatten schließlich auch eine Mehrheit im Reichstag von 1933. Deshalb nicht drüber aufregen? Nein, man regt sich trotzdem darüber auf, wenn Politik illegitim wird.
    In Deutschland wäre so eine Abstimmung nicht möglich. Gäbe es bundesweite Volksabstimmungen (wofür ich mich ausspreche), so würde ein solches Begehren wohl im Eilverfahren von einer Partei vor dem Bundesverfassungsgericht gestoppt.