Beiträge von dobby

    Hey,Ihr seid ja lieb! :)

    Meine Güte, solche Zeilen machen echt Mut - kann ich gut gebrauchen. Danke Euch!

    Öhm - Daniel (so heißt mein Schatz übrigens auch :D ) - hast Du dann schon Bekanntschaft mit der Berliner Schnauze gemacht? Die ist schon ziemlich gewöhnungsbedürftig - vorsichtig ausgedrückt. Für mich klingt das so, als würden die Berliner entweder ständig streiten, dann reden die so unglaublich viel und mit Ausrufezeichen. Und ständig "Kiek ma, wat se da jemacht hat!" oder "Kiek ma, det hat se falsch abjelegt...!" - geht im Büro ständig so, obwohl ich daneben sitze, von Angestellten der Firma, die mein Freund und ich ab September übernehmen.

    Ich glaub, ich hab mich gleich zu Anfang ziemlich zum Affen gemacht, dieser Tonfall kam mir sowas von patzig und respektlos vor, daß ich binnen kürzester Zeit höllisch geladen war und dann wirklich heftig Streit losgebrochen ist. Mittlerweile weiß ich, daß die Frauen dort von mir den Eindruck einer großkotzigen künftigen Chefin bekommen haben müssen und daß die Leute IMMER so reden, das soll gar nicht aggressiv und abfällig sein. Hört sich nur so an :P

    Seufz. Wird noch ein Weilchen dauern, bis ich mich an alles gewöhnt habe, zumal ich den Eindruck habe, daß zumindest in dieser Firma die Ostberliner Frauen noch sehr dem Mann-Frau-Rollengehabe verhaftet sind, mit dem ich so gar nichts anfangen kann. Ich meine: wenn Mann Kaffee will, wird er schon imstande sein, die Kaffeemaschine zu bedienen - dort offenbar nicht, da wird ständig betuddelt und gemacht und gefragt, ob der Noch-Chef auch ordentlich zu Mittag ißt und auch jaaaaaa seine Vitaminchen schluckt - können sie ja alles so machen, ich frag mich nur, wie ich mich verhalten soll, daß es für die Firma verträglich ist und ich dabei trotzdem nicht eine Krise nach der anderen kriege.

    Immerhin - seit 2 Tagen geht's besser, da hatte ich so'n Aha-Erlebnis, an dem ich gemerkt habe, daß diese (sorry, falls ein Berliner das jetzt liest) unverschämt-patzige Art offenbar gar nicht böse oder persönlich gemeint ist, sondern ganz normale Berliner Art. Also ehrlich, man sagt den Münchnern ja Arroganz und Unfreundlichkeit nach, das ist mir nur nie aufgefallen. Ein Münchner brummt 1 - 2 Silben und je nach Situation weiß man, was gemeint ist. Ein Berliner würde in derselben Situation 4800 Silben in derselben Zeit abfeuern, so daß ein armes, ahnungsloses, zugereistes Alien wie ich nur "laut, schnell, wahrscheinlich böse!" mitkriegt :roll:

    Und natürlich mache ich jetzt im Moment genau dasselbe, was mir an den Mitarbeiterinnen ganz fürchterlich auf die Nerven geht: ich lästere! :oops: Ist ja eigentlich nichts ungewöhnliches, die eine oder andere Bemerkung über Leute zu machen. Mir kommt es nur befremdlich vor, weil diese Damen ständig über alles und jedes ihre Kommentare abliefern - ob es um die Klospülung des Nachbarn, den Hund der Punkerin zwei Straßen weiter oder die Kleidung der Angestellten eines unserer Kunden geht, kriege ich meistens gar nicht raus - nur uuuuuuunheimlich viel Text und eine Informationsflut, die mich glatt erschlägt. Könnt Ihr Euch vorstellen: wo ich herkomme, galt ich immer als eine, die gerne viel redet. Jetzt scheine ich eher wortkarg zu wirken auf die Leute - und umgekehrt habe ich die Vermutung, daß Berliner einfach fürchterlich viel und ständig reden MÜSSEN, weil sie anders vielleicht keine Luft kriegen und jämmerlich ersticken müßten. :lol:

    Ich hab mir eines geschworen: sollte ich jemals heimisch hier werden, dann hoffe, hoffe, HOFFE ich, daß ich niemals "Pille-Palle" sage. Das klingt in meinen Ohren wie etwas, das man auf dem Klo erledigt - gemeint ist damit aber sowas wie "Kleinkram" oder so in die Richtung.

    Genug erzählt für den Moment - ich erwäge, evtl. mal ein Benutzerhandbuch für ahnungslose Berlin-Besucher zu schreiben, sobald ich die gesellschaftlichen Spielregeln hier einigermaßen durchschaue (falls das überhaupt möglich ist) - momentan kann ich jedem, der mit den hiesigen Gepflogenheiten nicht vertraut ist, eigentlich nur Schutzanzüge und ein emotionales Unempfindlichkeitstraining dringend empfehlen! :twisted:

    Wünsche Euch ein schönes Wochenende - wir werden heute über's Wochenende nach Dresden fahren - das ist mir zwar auch nicht sehr vertraut und die dortige Sprache verstehe ich auch nicht so gut, aber sie klingt weich und bissl genuschelt - und die Hochzeit der Ex-Freundin von meinem Schatz ist eine Veranstaltung, die ich morgen wirklich gerne besuche :P

    LG, dobby

    Hi Ihr,

    die Frage, was ich in dem Forum suche, wenn dort ohnehin gemobbt wird, ist natürlich berechtigt. Ehrlich gesagt ärgere ich mich über mich selbst - eine Zeitlang hab ich mich dort wirklich wohl gefühlt, und mit einigen Usern hatte ich dann engeren Mailkontakt, teilweise auch telefonischen und privaten Kontakt. Ich hielt diese Leute für Freunde. Naja - ich nehme an, daß das der Punkt ist - als der Trouble losging (an dem ich nicht schuldlos war, das sehe ich heute, war mir damals allerdings nicht bewußt) und dann sehr viele, die mich nicht kannten, einfach ihre Interpretationen als "Wahrheit" hinstellten, tat's weh zu sehen, wie "Freunde" sich plötzlich gegen einen stellen. Aus der Distanz denke ich ist das Verhalten vielleicht normal - man sagt ja: "Wo Rauch ist, ist auch Feuer", das eine oder andere Gerücht wird von den einen geglaubt, von anderen nicht. Ich glaube, in Foren geht sowas recht schnell, man kennt sich meistens ja nicht wirklich, versteht irgendwas falsch, andere lesen das und hängen ihre eigenen früheren Erfahrungen dran - voila, schon hat man ein Feindbild, auf das dann gemeinsam losgegangen wird. Nix ungewöhnliches, nur wenn man selbst dann das Ziel von solchen Angriffen ist, kapiert man erstmal nix, ist verletzt, versucht zu klären und kann irgendwann nur noch aufgeben.

    Ich versuche, nicht mehr in das Forum reinzugehen und das gelingt mir mittlerweile ganz gut, weil ich nach einem Umzug jetzt in einer neuen Arbeit so stark involviert bin, daß ich kaum noch Zeit finde, überhaupt ins Internet zu gehen :)

    Ich glaube, was weh tut ist immer noch der Umstand, daß ich einige von dem Forum wirklich liebgewonnen hatte. Das war mir vielleicht zu wichtig - wenn man in einer völlig neuen Stadt versucht Fuß zu fassen und alles, was einem vertraut war, plötzlich nicht mehr erreichbar, neigt man wahrscheinlich dazu, sich zu sehr auf neue freundliche Kontakte zu verlassen (ich bin eigentlich Münchnerin, bin vor 1/2 Jahr nach Dresden gezogen und vor einem guten Monat weiter mit Zweitwohnsitz nach Berlin - Ost. Ist doch ein ziemlicher Kulturschock :) )

    Naja, nun hab ich doch etwas über mich ausgeplaudert, so nach und nach werde ich mich wohl wieder fangen und ich will zumindest versuchen, mein Mißtrauen, das ich nach dem vergangenen Jahr entwickelt habe, wenigstens soweit wieder loszuwerden, daß es mich nicht mehr im Alltag behindert. Das ist für mich momentan die größte Schwierigkeit, ich nehme sehr viel Neues mit Mißtrauen oder von vornherein als "Angriff" auf und reagiere entsprechend. Das ist für meine Umgebung nicht gerade toll, für mich auch nicht - und das Gefühl, immer isolierter zu sein wird größer. Versteht Ihr das? Wenn ich meinen Freund nicht hätte (er ist der Grund für meinen Umzug nach Dresden gewesen), wäre ich sicher schon verzweifelt.
    Hätte einfach nicht gedacht, daß es so schwer fällt, sich an ganz neue Leute mit völlig anderem Dialekt und auch anderer Mentalität zu gewöhnen - komme mir manchmal vor wie in einem Feld voller Tretminen und Fettnäpfchen :(

    LG, dobby

    Hallo, wollte mich zwischendurch wieder mal melden. Ich muß mich entschuldigen, ich schaffe es momentan nicht, an der Geschichte weiterzuschreiben. Natürlich geht's da um mich und meine Geschichte. Nach einigen Monaten "Abstinenz" habe ich mal wieder nicht die Finger davon lassen können und mich in dem betreffenden Forum eingeloggt - mit der Folge, daß es mir wieder kotzübel (sorry) geht, weil ich dort - selbst nach der langen Zeit - wieder über Hetzereien und Lügen meine Person betreffend gestolpert bin.

    Es ist absurd (an Zufall mag ich nicht glauben) - gerade dieser Tage haben sich ein oder zwei Leute mit meinem Namen - der sehr ungewöhnlich ist - bzw. mit einem meiner früheren Nicks dort neu registriert. Das hat zur Folge, daß wieder altes und viel Phantasiertes durchgehechelt wird.

    Ich wünschte, ich hätte ein dickeres Fell. Wie kann man es schaffen, gleichgültig gegenüber Lügen zu werden, die von Leuten kommen, die man nie persönlich kennen gelernt hat? Sollte ich die Antwort mal rausfinden, werde ich vielleicht imstande sein, den ganzen Mist loszulassen :cry:

    LG, dobby

    Zutaten:

    1 Pckg. Pizza-Hefe-Backmischung
    3 EL Olivenöl

    750 g Zwiebeln
    3 - 4 Knoblauchzehen
    150 g Speckwürfel
    1 EL scharfer Senf
    200 g Schmand oder Sauerrahm
    150 g geriebener Käse
    2 Eier
    gemahlener Kümmel, Muskatnuß, Salz


    Pizzateig nach Anleitung zubereiten.
    Zwiebeln in feine Ringe schneiden. In einer Pfanne Speckwürfel kurz anbraten, Zwiebelringe und gehackten Knoblauch dazugeben, ebenfalls kurz anbraten, dann Flamme klein drehen und bei geschlossener Pfanne ca. 10 Minuten dünsten lassen.

    In der Zwischenzeit Schmand, Eier verquirlen, mit wenig Kümmel, Muskatnuß und Salz würzen, den geriebenen Käse dazurühren.

    Den Teig auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech ausrollen (wenn er an der Teigrolle kleben bleibt, mit etwas Mehl einstäuben). 1 EL Senf auf dem Teigboden dünn verteilen.

    Die Pfanne mit den Zwiebeln nochmal stark erhitzen und die Zwiebelringe kräftig braten, bis sie goldgelb sind. Dann die Zwiebel-Speck-Mischung auf dem Pizzateig verteilen, das Schmand-Käse-Gemisch gleichmäßig darüber geben.

    Backen im vorgeheizten Ofen: bei 180 °C mittlere Schiene, 40 - 45 Minuten.

    Very lecker! :)

    Zitat von Daniel

    Ich glauble ihr seid doch froh das es uns gibt, oder? :wink:


    Was mich betrifft: ja.


    .


    .


    .


    Jungs können einfach schwerer heben. Und Einparken. Und Rechner installieren.


    .


    .


    .


    Ja, ich bin sehr froh, daß ich nicht Wasserkästen in die 3. Etage schleppen muß. Und daß mein Rechner immer 1A gerichtet ist. Und daß ich nie einparken muß! :lol:

    Ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Es wird eine lange Geschichte, und wenn ihr sie lesen wollt wird es eine in mehreren Abschnitten. Vielleicht hilft mir das Schreiben und vielleicht kann der eine oder die andere für sich daraus etwas lernen.

    Es ist eine Geschichte über Internet-Sucht, eine Suche und wie man daran kaputtgehen kann.

    Stellt euch eine Frau vor, Ende dreissig, eine mit „Vergangenheit“ wie man so schön sagt. Eine die ihr Leben mehr überlebt hat als wirklich gelebt, die in vielen Jahren gelernt hat, mit sich und ihren Biografien zurecht zu kommen und die inzwischen Lebensfreude kennengelernt hat.

    Nennen wir sie Monika. Sie ist 38 Jahre alt, hat sich nach langen Jahren Kampf gegen Depressionen, Selbstverletzungen, dissoziativen Störungen, angeblicher Epilepsie und Ausflügen in Alkoholsucht und Liebesgier, dem Gefühl, lebens-unwert und lebens-unfähig zu sein befreit, hat mit der Vergangenheit weitgehend abgeschlossen, wie sie glaubt, und ist mittlerweile stark. Sie arbeitet in leitender Position in einem Telekommunikationsunternehmen, genießt diese Arbeit, hat im privaten Leben viele Bekannte und wenige enge Freundschaften. Sie hat fast 20 Jahre lang als Lesbe gelebt, sich als Lesbe identifiziert, in Lesbenzusammenhängen gearbeitet, im Gayviertel gewohnt. Kein Gedanke, daß sich daran je etwas ändern könnte. In Sachen Beziehung war sie nie erfolgreich, aber das beunruhigt sie nicht sehr, sie sieht persönliche Entwicklungen, leidet gelegentlich darunter, daß sie „schwierig“ zu sein scheint, erkennt aber auch daß in homosexuellen Kreisen die Sehnsucht nach Beständigkeit weiter verbreitet ist als die Fähigkeit zu dauerhaften Beziehungen. Sie hat beschlossen, daß sie keine Beziehung mehr möchte, in der Zusammenleben als Beziehungsstandard angestrebt wird.

    Da sie zu ihrer eigenen größten Überraschung einen 10 Jahre jüngeren Mann über ein Internet-Forum kennen- und lieben gelernt hat, dessen Hintergrund in familiärer und gesellschaftlicher Hinsicht weitaus konventioneller als ihrer ist, beschließt sie, die Materie „heterosexuelle Lebensweisen“ näher unter die Lupe zu nehmen. Im Netz wird sie schnell fündig. Ein wenig Forenerfahrung hat sie schon gesammelt, weiß, daß sich dort gelegentlich auch „Spinner“ tummeln, im allgemeinen aber über solche Internetbekanntschaften nette freundschaftliche Kontakte geschlossen werden können. Über Gefahren denkt sie nicht nach, ahnt nicht, daß Menschen auf virtuellem Wege Einfluß auf Leben und Psyche nehmen können.

    Eine „gestandene“ Frau mit Lebenserfahrung also. Nach wie vor definiert sie sich als Lesbe, deren Lebensschwerpunkt mittlerweile im Beruf liegt, die im Grunde nicht vorhatte, sich jemals wieder auf allzu verbindliche Beziehungskisten mit Zukunftsversprechen und Zusammenleben einzulassen. Ihre neue Liebe ist unerwartet, aufregend, exotisch: ein Mann mit konventionellen Ansichten, mit Familie und langjährigem Freundeskreis, ruhig, bedächtig und als Naturwissenschaftler eher logisch-strukturierten Denkweisen verhaftet – er scheint in jeder Hinsicht ein direkter Gegenpol zu ihrem chaotischen Knallfroschdasein. Monika ist irritiert, will der Sache auf den Grund gehen. Wo kann man das besser, gründlicher und mit möglichst wenig Zeitaufwand als im Internet? Eher zufällig stößt sie auf ein Familienforum, dessen Themenschwerpunkte gegliedert wie im Bilderbuch dargestellt sind: neben allgemeinen Themen sind das Flirt- und Liebesleben, gefolgt von Partnerschaft, Hochzeit, Kinderwunsch, Schwangerschaft und diversen Kindererziehungsforen, eine Rubrik Trennung ist dort ebenso vertreten wie Politik und Gesellschaft, Trauer und Trost. Ein professionell betriebenes, stark frequentiertes Forum, das wenig Heterowünsche offen läßt. Eifrig liest Monika sich dort ein, ist fasziniert und begeistert, registriert sich als „orca“ und gibt hier und da ihren Senf dazu.

    Sehr ernst nimmt sie das Forum und die Leute dort nicht, fühlt sich ein klein wenig diesen „niedlichen Normalos“ mit ihren Alltagssorgen überlegen, bis sie sich's versieht ist sie binnen kurzer Zeit zu einer Art „Star“ im Forum geworden. Sie denkt nicht an Gefahren, ist offen und direkt, zeigt sich und ihre Erlebniswelt, erzählt arglos von ihrer Unsicherheit in Sachen Männerliebe, gibt nebenbei Rat oder witzelt unbeschwert mit anderen Forenbesuchern herum. Sie ist eloquent, weiß viel und gewinnt durch ihre Offenheit viele 'Freunde'. So leicht, so verführerisch!


    Das Forum

    Es wird Zeit, euch das Forum, in dem sich die Geschichte überwiegend abspielt, ein wenig näher vorzustellen. Daß es sich um ein Familienforum handelt, habe ich bereits erwähnt. Da es professionell betrieben wird, verfügt es über eine eigene Forensoftware, d.h. es hat in seiner Struktur womöglich Ähnlichkeiten mit dem einen oder anderen Forum, untscheidet sich aber doch in wesentlichen Punkten mit den meisten anderen: statt eines Profils hat man dort die Möglichkeit, sich unter dem registrierten Nick eine Art eigene kleine Homepage anzulegen, auf der man bis zu 10 Fotos, Links und reichlich Text hinterlegen kann. Die Registrierung erfolgt unkompliziert, man füllt ein Formular aus, bekommt einen Aktivierungslink zugemailt, den man anklicken muß und kann direkt danach sich anmelden und mitschreiben. Das Besondere: man kann dort nicht als „Gast“ posten, sondern ausschließlich als eingeloggter User – allerdings: man kann entweder unter seinem registrierten Nicknamen schreiben, der für die Leser dann in der Farbe Blau zu sehen ist, oder man kann diesen registrierten Nick einfach im Namensfeld überschreiben und stattdessen einen beliebigen Alias einsetzen, dann erscheint der Beitrag in Schwarz. So ist einerseits gewährleistet, daß man selbst immer die eigenen Beiträge (auch die „anonymen“) abrufen kann, die Forenbetreiber darüber hinaus immer feststellen können, von welchem registrierten User die anonymen Postings stammen, andererseits können „etablierte Blaunicks“ peinliche Fragen oder Beiträge, mit denen sie nicht in Verbindung gebracht werden wollen, als „???“ oder „heute in schwarz“ posten, ohne dabei ihr Image, das sie als Blaunick aufgebaut haben, zu riskieren. Muß wohl nicht erwähnen, daß diese Möglichkeit des „schwarz Postens“ weidlich für Stänkereien, Angriffe, persönliche Beleidigungen genutzt wird. Das Forum ist nicht moderiert bzw. nur sehr geringfügig. Das hat sich etwas geändert, seit die Ereignisse um Monika alias „orca“ eskaliert sind, allerdings sehen die Betreiber auch heute noch keinen Anlaß der Fürsorge einzelnen Usern gegenüber, sie entfernen lediglich Postings mit Werbeinhalten oder solche, für die sie rechtlich belangt werden können. Eine weitere Besonderheit weist dieses Forum auf: es wird nirgendwo darauf hingewiesen, daß Mehrfachregistrierungen unerwünscht seien, darin unterscheidet es sich von den meisten Foren. Wenn ein User sich unter verschiedenen Nicks mit Namen und Mailaccount registriert, kommt kein Einwand seitens der Betreiber, selbst bei Nachfragen wird die Möglichkeit der Mehrfachregistrierung eingeräumt. Das zu wissen ist für die folgende Geschichte wesentlich. Selten kam es vor, daß ein User, der zu offensichtlich beleidigend postet oder über den mehrfach Beschwerden an die Forenbetreiber eingehen, gesperrt wurde. Auch dann akzeptieren die Betreiber im allgemeinen eine Neuregistrierung des Betreffenden unter anderem Nicknamen.

    Natürlich hat das Forum einen Namen, anhand meiner Ausführungen wird es vermutlich auch leicht zu finden sein, aber im Grunde ist der „Ort“ meiner Geschichte nicht mehr wesentlich, sie hätte auch in jedem anderen stark frequentierten Forum ohne Moderation ebenso stattfinden können. Hier nenne ich es der Einfachheit halber weiter „Forum“.


    Orca

    In der ersten Zeit ihres Forenlebens war Monika fasziniert. So „alltäglich“ die Sorgen, Nöte, Freuden und Fragen in diesem Familienforum auch waren, Monika empfand diese Welt als exotisch, so wie sie auch ihren Freund als exotisch empfand. Sie hatte sich vor vielen Jahren bereits von ihrer Herkunft befreit, war ausgebrochen aus den christlich geprägten und anerzogenen Vorstellungen, hatte in unzähligen Therapien um sich selbst gerungen und sich durch ihr lesbisches Umfeld neue Wertmaßstäbe angeeignet. War ihr das bisher nie richtig bewußt gewesen, spürte sie es nun im Zusammensein mit ihrem Freund und inmitten dieser „ganz normalen“ Forenwelt umso deutlicher. Das fing bei ganz alltäglichen kleinen Situationen an, wenn sie plötzlich unsicher war, wer die Zeche in einem Lokal zu bezahlen hatte: sie, er oder beide getrennt? Setzte sich fort in Gesprächen über die gemeinsame Zukunft: Heiraten, Kinder waren jenseits ihrer gewohnten Gedankenwelt, waren bestenfalls im Zusammenhang mit politischen Diskussionen über registrierte Partnerschaften für Schwule und Lesben je ein Thema gewesen. Im Gespräch mit ihrem Freund, der bisher immer selbstverständlich davon ausgegangen war, irgendwann zu heiraten und Kinder zu zeugen, gewannen solche Themen eine ungewohnte Dimension. Sie mußte sich damit konfrontieren, daß sie nie Kinder würde bekommen können: sie hatte sich bereits mit 24 Jahren sterilisieren lassen – damals noch unsicher in ihrer Identität als Lesbe, sich aber sicher, daß sie um jeden Preis verhindern mußte, jemals zur Gewalttäterin an eigenen Kindern zu werden. Selbstverständliche Rollenmuster im Zusammensein von Mann und Frau, die sie vor langen Zeiten ad acta gelegt hatte, wurden nun wieder zu neuen, hinterfragbaren Verhaltensmodellen. So locker-humorvoll sie darüber mit ihrem Freund auch sprechen konnte, mehr und mehr suchte sie auch nach Antworten im Forum. Bereits zu Anfang ihrer Beziehung hatte ihr Freund sie seinen Eltern vorgestellt, die in der Wohnung neben seiner wohnten. In Panik geriet sie, als er selbstverständlich davon ausging, daß sie Weihnachten gemeinsam mit ihm, seiner Familie und anschließend mit seinen Freunden verbringen würde. Längst abgelegte Selbstverständlichkeiten, die sie all die Jahre nahezu problemlos hatte vermeiden können, wurden nun wieder zu ungeliebten Themen. Natürlich hatten auch Lesben Eltern – aber Monika war nie damit konfrontiert worden, sie selbst war in öffentlichen Einrichtungen aufgewachsen und ihre früheren Geliebten hatten durchweg keinen Kontakt zu ihren Eltern mehr gehabt.

    Und der Umstand, nun mit einem Mann in einer fast konventionellen Beziehung zusammen zu sein, brachte für sie den längst beiseitegelegten Kinderwunsch wieder zum Vorschein.

    Über all diese Themen konnte sie sich im Forum austauschen. Gab sie auf ihre gewohnte entspannte Art Ratschläge in Liebesdingen und Partnerschaftsproblemen einerseits, so fragte sie andererseits immer wieder um Meinungen und Tipps in Sachen „Heteroleben“. Man amüsierte sich über und mit dieser „orca“, gewann schnell Vertrauen in ihre Vorschläge und analytischen Fähigkeiten, mochte ihre lockere Art, mit Provokationen umzugehen und nach kurzer Zeit verging kein Tag mehr, an dem nicht etliche ihrer Beiträge mit vielen Postings beantwortet wurden. Wer sich in der Forenwelt ein wenig auskennt, wird feststellen, daß es immer einige wenige polarisierende User in einem Forum gibt, deren Threads – ganz egal, wie banal die Thematik auch sein mag – mit vielen Antworten „belohnt“ werden. So erging es auch Monika alias orca. Nach wenigen Wochen Aktivität im Forum war sie eine der populärsten Userinnen, um deren Aufmerksamkeit sich die meisten anderen rissen.

    Monika genoß diese Aufmerksamkeit, fühlte sich pudelwohl darin, fand indes dabei nichts Ungewöhnliches. Trotz all der Jahre, in denen sie mit ihren psychischen Problemen zu kämpfen gehabt hatte, trotz des Umstandes, daß sie weder „schön“ noch schlank war, geschweige denn in irgendeiner Form „modebewußt“, war sie es von Jugend an gewöhnt, in Schulklassen, in Kliniken und Heimen immer zu denjenigen zu gehören, die respektiert und gemocht wurden und durch ihre verbalen Fähigkeiten eher tonangebend als unscheinbar wirkten. Auch wenn ihr vieles im Zusammenhang mit Familienproblemen nicht vertraut war, konnte sie zu Themen wie Mißbrauchserfahrungen, Partnerschafts- und sexuellen Problemen, Religion, Politik, Freundschaft usw. „mitreden“ und überzeugen. „Schwarze Stänkerer“ - also Postings, die anonym geschrieben wurden, beantwortete sie mit Gelächter und lustigen Links, in der Anfangszeit gab es kaum je einen Beitrag oder User, der sich negativ gegen sie oder einen ihrer Beiträge geäußert hätte.

    Alles war perfekt, fand Monika, und wenn andere User sich in die Wolle kriegten, gegenseitig beschimpften oder gegen einzelne mobbten, nahm sie das verwundert zur Kenntnis, ohne sich weitere Gedanken darüber zu machen. Schließlich war es jedem selbst überlassen, wie intensiv er sich in einem Forum engagierte und wie ernst er geschriebene Worte von wildfremden Leuten nahm, fand sie.

    In dieser Zeit trafen ein paar äußere Umstände zusammen, die Monika als belastend, aber keineswegs besorgniserregend empfand. Neben der immer noch neuen, aufregenden Liebe zu ihrem Freund, den sie über 500 km hinweg nur alle 14 Tage sehen konnte, begannen finanzielle Schwierigkeiten in der Firma, in der sie angestellt war, spürbar zu werden. Das Arbeitsklima wurde schärfer, die Gehälter kamen unregelmäßiger, Monikas ohnehin schon 50 bis 60 Arbeitsstunden in der Woche nahmen weiter zu. Das störte sie nicht sehr, da ihre engen Freunde ohnehin weit weg wohnten und ihr bisheriges Gay-Umfeld so nach und nach wegbröckelte seit Bekanntwerden ihrer neuen Liebe zu einem Mann. Sie genoß es, sich in ihrer Arbeit zu engagieren und holte sich ihre emotionalen Bedürfnisse im Forum. Für bedenklich hielt sie diese Entwicklung nicht, hatte sie doch ein reales Leben. Daß dieses reale Leben immer weniger Raum einnahm und zunehmend unerfreulich wurde, realisierte sie nicht. Zwar war sie nach wie vor verliebt, zwar mochte sie nach wie vor ihre Arbeit, aber Austausch über private Nichtigkeiten fand sie fast nur noch im Forum.

    In dieser Situation nahmen ihre Brüder, ihr Onkel und ihre Tante Kontakt mit ihr auf. Das schockierte Monika, sie hatte alle Kontakte zu Familienmitgliedern seit annähernd 20 Jahren abgebrochen. Diese plötzliche Konfrontation mit ihrer Vergangenheit, insbesondere ihren Brüdern, für deren erste sexuelle Gehversuche sie als Kind hatte herhalten müssen, brachten sie aus der Fassung. Sie reagierte, wie sie das immer getan hatte, wenn ihr etwas emotional zu schaffen machte: sie lenkte sich ab. Noch mehr Arbeit, noch mehr Forum. Ganz allmählich kamen leise fragende Beiträge von Mitusern: schläfst du denn nie? Wie schaffst du das, zu jeder Tages- und Nachtzeit im Forum aktiv zu sein? Monika-Orca lachte darüber. Sie schaffte das!