Ich sehe in deiner Argumentation trotz allem keinen Anhaltspunkt, warum der Glaube an mehrere Götter die Toleranz fördert.
Nunja, ich will den Polytheismus nicht grundsätzlich verteidigen oder besser heißen, das Thema ist ja der Monotheismus an sich. Aber trotzdem fällt es auf, dass in der Geschichte durchweg Polytheisten zu mehr Synkretismus, aber vor allem Toleranz bereit waren. Dass es natürlich auch andere Beispiel gibt, hast du mit dem Hinduismus ja schön dargelegt. Aber im Gegensatz zum Polytheismus haftet allen vier großen monotheistischen Religionen von Grund auf, durch den Glauben bedingt, eine ablehnende Haltung gegenüber anderen Gedankensystemen an. Das kann man widerum vom Hinduismus nicht behaupten.
Aber gut, warum ist der Polytheismus generell toleranter? Eine polytheistische Religion drückt sich normalerweise durch das Vorhandensein von Göttern und Wesen aus, die Personifizierungen mit Teilen des Kosmos darstellen. Sie treten weder als universell, omnipotent, allwissend, noch kreativ (im Sinne von Lebenserschaffung) auf, sondern als fehlerhafte, emotionale und sich entwickelnde Individuen oder Naturerscheinungen, wie Wind, Feuer oder Erdbeben. Somit finden sie etliche Entsprechungen in anderen Religionen. Und da niemand das alleinige Recht auf Feuer oder Wasser hat, gibt es auch keine Absolutheitsansprüche.
Der Monotheismus hingegen -soweit zumindest das Juden- und Christentum, der Islam und Zorastrismus- haben einen allmächtigen, schöpferischen Gott, der alle Eigenschaften der Natur in sich vereint. Damit wird er nicht nur allmächtig, sondern vor allem auch allwissend. Daraus wird das Recht geboren, sich den gesamten Kosmos Untertan zu machen. Keinem Zeus, Jupiter oder Odin wäre es in der Mythologie je gestattet gewesen, ganze Welten auszurotten. Doch genau dieses Recht sprechen die Monotheisten ihrem Gott zu. Letztendlich wird dieses Wesen noch mit allerlei menschlichen Eigenschaften ausgestattet, was im Judentum aus ihm einen rachsüchtigen, aufbrausenden Rassisten gemacht hat.
Das generelle Problem besteht aber darin, dass "Gott" sich durch seine zugeschrieben Omnipotenz das Recht entnimmt, allein weise zu urteilen und die komplette Wahrheit zu kennen. Dieses Recht wird dabei allen anderen Glaubensrichtungen abgesprochen. Es wäre weniger die Omnipotenz, die so schlimm ist, als vielmehr, dass man aus diesem omnipotenten Wesen eine Person mit menschlichen Eigenschaften macht, die ihre Macht nur allzugern im Sinne "ihres" Volkes missbraucht. Aber ein omnipotentes Wesen kann nie menschlich sein, denn der Mensch ist nie perfekt. Polytheisten nehmen sich diesen Anspruch nicht heraus und sie verlangen von ihren "Dienern" auch nicht mehr, als gelegentliche Opfer, egal welcher Art und Weise - doch niemals Charakteränderungen, Buße für menschliche Fehler oder Missionierung.
Ist doch Unsinn! Es gibt jede Menge Leute, die sehr an die Bibel glauben, überzeugt oder gerne katholisch sind, vielleicht noch Theologie studiert haben, und dennoch nicht die Bibel als absoluten Wert betrachten.
Eben. Aber dann sind sie auch keine voll überzeugten Christen. Vllt. überzeugt von der Nächstenliebe, aber nicht von der Bibel, denn diese predigt Absolutheit und alleinige Gültigkeit.
Und Krupp hat Waffen für Hitler gebaut, und keiner beschwert sich über sie. Im Kolosseum wurden Menschen getötet und dennoch wird Geld mit den dortigen Touristen verdient.
Wie gesagt, es gibt einen Unterschied zwischen Kirchen- und Religionskritik an sich. Es ging mir mehr um die Religion, also müsstest du nicht Krupp kritisieren, sondern Waffen an sich. Und das Kolosseum möchte ich auch nicht rechtfertigen. Aber aus religiösen Gründen ist dort niemand gestorben. Auch nicht die ersten Christen. Die kamen dorthin wegen ihrer eigenen Intoleranz und Arroganz. In Rom herrschte im Gegensatz zu Juda Religionsfreiheit. Genau die haben die ersten Christen zu vernichten versucht.
Wir haben keine Sklaverei mehr, keine Leibeigenschaft und keine Missionskriege.
Nein. Dafür haben wir Sektendenunzierung und priesterlichen Kidndesmissbrauch (der oft aus einem von der Bibel geforderten und wörtlich verstandenem, aber menschlich nicht erreichbaren Grad an Enthaltsamkeit herrührt).
Ich muss zwar selber sagen, dass ich die Bibel nicht für ein für unsere Philosophie besonderes Buch halte - da lese ich lieber Stallman oder Rousseau. Aber was heißt denn hier "außer Acht lassen"? Man sollte die Bibel auch nicht als rein böse ansehen. Man kann sie einfach lesen und die Dinge glauben, die für einen selbst wichtigt sind.
Ich halte sie nicht für rein böse und finde selbst viele Dinge in ihr ausreichend gerechtfertigt und nützlich. Aber wer Christ sein möchte, muss die Bibel voll und ganz aktzeptieren und den eigenen Glauben über andere stellen. (Denn ein Christ wird dadurch definiert, dass er die Bibel absolut anerkennt. Alles andere sind Pseudo-Christen oder allenfalls Abspaltungen( Natürlich tun dies nicht alle, aber diese nehmen sich dann eben, wie du sagtest, nur das raus, was ihnen zusagt. Die Bibel sieht es aber anders vor. Und es gibt eben ausreichend Leute,die wörtlich interpretieren und fundamentalistisch denken. Und genau da ist die Bibel eben sehr gefährlich.
Die katholischen Priester haben (in der Regel
) keine Kinder, denen sie das aufdrücken können. Soetwas liegt nicht an der katholischen Kirche oder dem Religionsunterricht.
Wenn Kinder in fundamentalen Freikirchen o.ä. aufwachsen, so erleiden sie von dort aus einen hohen Druck. Bei den Großkirchen sind es wenn schon manche Eltern. Ich habe auch als Kleinkind etwas aus der Bibel vorgelesen bekommen und ich stehe Gott sehr kritisch gegenüber. Wenn natürlich Eltern alles für bare Münze nehmen, mit Kindern nicht aufgeklärt darüber reden oder mal einen Witz über die Kirche machen können, hat das weniger mit der Kirche selbst als mit den Eltern zu tun, welche dann in vielen Fällen auch wiederum nah an Fundamentalisten stehen.
Wie gesagt: Ich kenne eine Vielzahl von katholischen Thelogen oder auch Normalsterblichen, die auch der Bibel und dem Papst kritisch gegenüber stehen können, Aussagen anzweifeln, durch die Loslösung von veralteten Ansichten milder interpretieren, Andersgläubige und Schwule akzeptieren...
Das ist ja alles schön und gut und ich kenne ebenfalls solche Leute. Das sind dann aber keinen "vollen" Christen, wie oben ausgeführt. Und ich zweifle nicht die Kirchen (gut, einige ohnehin), sondern den christlichen Glauben auf biblischem Fundament als Gesamtes an.
Der Glaube an rächende, zornige, gierige Götter ist da besser?
Gott ist tot, christlichen Glaube gibt es auch so. Die einen Christen glauben an Gott, die anderen nicht. Im Leben haben sie eine ähnliche Moralvorstellung, womit Gott egal und somit tot wäre - für den Aspekt der Moral.
Die polytheistischen Götter handeln wie Menschen oder Naturerscheinungen. Keiner verlangt, dass man sich ihnen unterwirft. Wenn sie zornig sind, hat das Auswirkungen auf sie und und ihr Umfeld, aber keiner kommt auf die Idee aus persönlichen Motiven ein Volk auszulöschen. Es gibt für mich nur EINEN, einzigen christlichen Glauben und der beruht zu 100% auf der Bibel. Die von dir genannten sind für mich Neu-Interpretationen oder Abspaltungen des Christlichen, aber keine Christen. Viele von denjenigen verhalten sich oft toleranter und aufgeschlossener, als es die Bibel eigentlich vorsieht, was natürlich gut ist.
Ist ja schön, dass es Griechen gab, die nicht missioniert haben. Doch allein der Imperialismus ist schon eine nicht mehr zeitgemäße Vorstellung. Solch gewaltsamer Nationalismus erhält doch durch Missionierung nur sein i-Tüpfelchen, ohne ist er auch nicht viel besser und zeigt ebenso eine Vorstellung von der eigenen Überlegenheit. Wenn ein Römer vielleicht ein paar Tausend Kelten abschlachtet und den Rest dann durch Religionsfreiheit und physische Gewalt bei der Stange halten will, sehe ich nichts Besseres als bei christlichen Missionskriegen.
Die Zeiten sind vorbei, auch wenn es die Bibel noch gibt!
Auch das Imperium oder die Hellenen waren keine Übermenschen und lange nicht frei von Fehlern. Auch sie haben Untaten begangen. Aber eines muss man sehen : Sie waren durchweg um Längen toleranter und aufgeschlossener, als es ein jüdischer Staat z.B. je war. Im Zuge der Islamischen Expansion haben sich viele Moslems der Welt geöffnet in einer Weise, wie es für Fundamentalisten eigentlich unvorstellbar wäre. Sie haben sich durch diese Offenheit schon ein Stück weit vom Glauben entfernt, allein durch den Synkretismus auf lokaler Ebene oder die Ausübung "heidnischer" Wissenschaften. Sie waren weltoffen, aber nicht mehr im ursprünglich islamischen Sinne religös. Wobei natürlich auch dort ein sehr großer Teil Zwangmissionierung betrieben hat, die Ausfürhung beschränkt sich auf jene weltoffenen Persönlichkeiten. Dassselbe ist auch mit den Christen passiert. Es gibt immer Leute, die weltoffen sind - doch entspricht dies nicht dem christlichen Glauben. Und nach wie vor, gibt es eine ganze Reihe Fundamentalisten auf islamischer, christlicher und jüdischer Seite.
MfG Alienx